Die bAV zählt neben der gesetzlichen Rente zu den wichtigsten Einkommensarten im Alter. Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) sollte diese Absicherung noch ausgebaut werden. Wir sprechen mit der Leitung Betriebliche Vorsorge, Ute Thoma, wie das bei der Bayerischen gelingt.
Neuerung beim Betriebsrentenstärkungsgesetz ab 2022
Am 1. Januar 2018 trat das Betriebsrentenstärkungsgesetz in Kraft. Ziel des BRSG ist es, die Attraktivität der bAV vor allem für Geringverdiener sowie kleinere und mittelständische Betriebe deutlich zu erhöhen. Seitdem werden beispielsweise Beiträge in Entgeltumwandlung von Arbeitnehmern mit bis zu acht Prozent ohne Abzug von Steuern gefördert. Das umgewandelte Geld muss jedoch in eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds fließen. Zum 1. Januar 2022 tritt eine neue Regelung in Kraft.
Redaktion: Frau Thoma, was ändert sich ab 1. Januar und worauf müssen sich Vermittler vorbereiten?
Ute Thoma: Zum 01.01.2022 greift der verpflichtende AG-Zuschuss in Höhe von 15 Prozent auch für Bestandsverträge der Entgeltumwandlung. Vermittler müssen hierüber die Arbeitgeber in deren Bestand informieren. Es ist also eine vertrieblich willkommene Türe zum Arbeitgeber. Neben den Aufklärungen aus dem BRSG sollte überprüft werden, ob die Versorgungsordnung – sofern vorhanden – noch passt. Ebenso sollte die Gehaltsumwandlungsvereinbarung überprüft oder zusammen mit dem Arbeitnehmer aktualisiert oder erstellt werden. Diese dokumentiert dann, dass diese seiner Verpflichtung aus dem BRSG nachgekommen ist. Natürlich sollte mit jedem Arbeitnehmer, sofern noch nicht geschehen, über eine Aufstockung seiner vorhandenen bAV geredet werden. Das BRSG hat uns hier ja eine Verdopplung der steuerlichen Abzugsfähigkeit gebracht. Es können also bis zu 568 Euro monatlich brutto für netto in eine bAV investiert werden.
Redaktion: Obwohl das BRSG schon seit drei Jahren gilt, haben nur wenige Arbeitnehmer eine bAV abgeschlossen. Eine Studie hat ergeben, dass die meisten Unternehmen das neue Gesetz als wirkungslos bezeichnen.
Ute Thoma: Das stimmt. Da ist wirklich noch Luft nach oben. Als 2002 der Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine bAV eingeführt wurde, war der vertriebliche Impuls größer. Ich denke unsere gesamte Branche ist gut beraten, hier im 2. Halbjahr diese Vertriebschance zu nutzen und zu zeigen, dass wir individuelle Beratung können und wollen. Wir können uns hier noch positionieren, ein Teil der Lösung der Altersrentenproblematik zu sein. Mit dem Rentenkonto wird in Kürze unser Anteil an der Gesamtversorgung der Bürger durch die bAV sehr transparent.
Redaktion: Weshalb wirkt das BRSG bislang noch nicht wie gewünscht?
Ute Thoma: Große Lösungen brauchen immer sehr lange in der Umsetzung. Im BRSG stecken zwei handwerkliche Fehler, die zu vermeiden gewesen wären, wenn man Praktiker hinzugezogen hätte. Zum einen sind nur 44 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland tarifgebunden. Das bedeutet, das neue Sozialpartnermodell hilft 56 Prozent der Beschäftigten nicht weiter. Besser wäre es gewesen, solche Modelle auf Betriebsebene individuell als Obligatorium zuzulassen. Das wurde verpasst. Das neue Modell für Geringverdiener – diese definiert der Gesetzgeber bis zu einem Monatseinkommen vom 2.575 Euro – ist auch noch nicht richtig in Fahrt gekommen. Das sollten wir schnell vertrieblich nach vorne bringen.
Redaktion: Wie unterstützt die Bayerische eine effektivere Umsetzung in den Unternehmen?
Ute Thoma: Wir haben eine gezielte Ansprache-Aktion für unsere bestehenden Arbeitgeber an die Rampe gestellt. Diese werden wir auch nachfassen und bei Bedarf nachschärfen. Ich habe den Eindruck, dass der Vertrieb großes Interesse an dieser Aktion hat. Sie ist die Basis für bAV-Erfolge 2021 und 2022.
Redaktion: Und welche Anlagen bietet die Bayerische im Bereich der bAV?
Ute Thoma: Wir bieten neben klassischen Produkten mit einer 100 Prozent Beitragsgarantie auch Fondslösungen an. Außerdem ist Pangaea Life eine echte nachhaltige Anlagevariante in der bAV. Zudem haben wir mit der plusrente ein Modell, das sich am geänderten Einkaufsverhalten durch die Coronakrise orientiert. Der Kunde kann beim Onlineshopping durch Zuzahlungen aus Kickbacks seine bAV aufbessern. Das Produkt gibt es auch klassisch und fondsbasierend.
Redaktion: Welche Lösungen für Altverträge bietet die Bayerische, falls ein erforderlicher Neuabschluss aufgrund des Mindestbetrages nicht möglich ist?
Ute Thoma: Für alle Vertragsvarianten seit 2013 bieten wir Erhöhungen im Vertrag an und zwar zum damaligen Rechnungszins. Schließt ein Kunde einen ungezillmerten Tarif ab, sind Erhöhungen zum dort vereinbarten Rechnungszins für Abschlüsse zwischen 2005 und 2013 im Vertrag möglich – wenn ein Neuabschluss aufgrund des Mindestbeitrags nicht machbar ist. In anderen Fällen ist eine jährliche Einmalzahlung möglich. Eine weitere Möglichkeit wäre die interne Verrechnung des AG-Zuschusses mit dem Arbeitnehmeranteil.
Redaktion: Zum Punkt Digitalisierung: Sie investieren aktuell viel in diesen Bereich, um den Beratungsprozess der Vermittler und beim Arbeitgeber zu verbessern.
Ute Thoma: Ja, das stimmt. Das zeigt auch, welche Bedeutung und Wachstumschancen die Bayerische als Mittelständischer Versicherer der bAV zutraut. Corona war ein Digitalisierungsbeschleuniger für unsere Brache, aber auch für die Personalbereiche unserer Arbeitgeber-Kunden. Insofern tragen wir den damit entstandenen Wünschen und Möglichkeiten Rechnung.
Redaktion: Welche Tools sind in Planung? Was erwartet Ihre Partner in diesem Jahr?
Ute Thoma: Unsere Kooperation mit Xempus (ehemals xbAV) ist schon in der Umsetzung. Im Juni werden wir die Beratungsschiene präsentieren, die Arbeitgebertools folgen im dritten Quartal. Die Kooperation mit dWerk ist ebenfalls am Start. Ich hoffe, dass wir auch in Kürze mit ePension in die Projektierung einsteigen können.
Titelbild: © die Bayerische